Aus dem Dunkel der Zeit, "mit erhobenem Haupt, vibrierenden Nüstern und wirbelnden Hufen" sind die Islandpferde vor 50 Jahren auf den Kontinent zurückgekommen, den sie vor über 1000 Jahre mit den Wikingerschiffen in Richtung Island verlassen hatten. Die harte Natur der Insel und zehn Jahrhunderte Reinzucht schufen ein starkes, kräftiges Pferd, ausdauernd und selbständig, ein Pferd, auf das sich der Reiter in jeder Situation verlassen konnte. Und das die Gangarten des Urpferdes, Tölt und Paß immer noch beherrscht. Islandpferde haben ein Stockmaß zwischen 135 und 150 cm. Das Fundament ist stark, der Körperbau kräftig, aber elegant, der Kopf mit seinem großen Auge drückt Charakter und Vertrauen aus.
Die üppigen Behänge, ein Erbe der harten Witterungsbedingungen in Island, sind unverkennbares Merkmal dieser Pferde, ebenso wie ihr sehr langes und dichtes Winterfell. Islandpferde sind spätreif und werden erst mit vier Jahren eingeritten, erreichen jedoch ein sehr hohes Alter - oftmals über 20 Jahre und können auch dann noch geritten werden. Die Farbenvielfalt ist außerordentlich, fast alle Fellfarben, die ein Pferd haben kann, sind zu finden. Islandpferde haben eine robuste Gesundheit und sind sehr ausdauernd, und - da auf Island über Jahrhunderte Transporte und Reisen nur reitend und mit Packpferden durchgeführt werden konnten, echte Reitpferde für Erwachsene. Das Besondere am Islandpferd sind jedoch seine angeborenen Gangarten Tölt und Paß, die es zusätzlich zu den Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp beherrscht.
Die Islandpferde sind eine sogenannte Gangpferderasse. Das bedeutet, dass die meisten Islandpferde neben Schritt, Trab und Galopp zwei weitere Gangarten beherrschen. Alle Pferderassen haben diese drei natürlichen Gangarten und können sie auch ohne Training ausführen. Die zusätzlichen Gangarten, die das Islandpferd von anderen Rassen abheben, heißen Tölt und Rennpass.
NATÜRLICHE GANGARTEN
Die zusätzlichen Gangarten Tölt und Rennpass sind natürlich und dem Islandpferd angeboren und Fohlen zeigen sie häufig schon von Anfang an. Die meisten Islandpferde sind fünfgängig veranlagt, d. h. sie verfügen über alle fünf Gangarten, während einige als viergängig veranlagt gelten, denen der Rennpass fehlt. Es gibt eine genetische Variation, die alle Gangpferderassen gemeinsam haben, die es ihnen ermöglicht, in einer bestimmten Gangart hohe Geschwindigkeiten zu erreichen, ohne in den Galopp zu verfallen, und die ihnen die geschmeidigen lateralen Gänge verleiht.
Über die Gangarten des Islandpferdes wurde eine sehr umfangreiche Studie erstellt. Sie können sie hier lesen.
Tölt
Der Tölt ist die charakteristische viertaktige laterale Gangart, für die das Islandpferd am besten bekannt ist. Tölt ist ein flüssig zu reitender Viertakt ohne Schwebephase, bei dem das Pferd abwechselnd ein oder zwei Hufe auf dem Boden hat. Das Pferd geht bei stolzer Haltung nahezu erschütterungsfrei und ermöglicht dem Reiter ein bequemes, ermüdungsfreies Reiten über lange Strecken. Dabei kann er je nach Pferd sehr langsam bis hin zu einem sehr schnellen Tempo geritten werden und kann Galoppgeschwindigkeit erreichen. Sicherlich hat aber gerade der Tölt ganz besonders zur Beliebtheit des Islandpferdes beigetragen.
Rennpass
Der Rennpass ist eine laterale Gangart mit Flugphase, die nur im Renntempo über kurze Strecken geritten wird, in der Regel 100-200 Meter. Das Pferd entfaltet hierbei eine enorme Kraft und Energie und scheint fast zu fliegen. Nicht bei allen Islandpferden ist der Rennpass genetisch fixiert, aber diejenigen, die alle fünf Gangarten gut beherrschen, gelten als die besten der Rasse. Der Rennpass ist ein Zweitakt in vier Phasen. Die gleichseitigen Beinpaare fußen abwechselnd auf, dazwischen liegt jeweils eine Flugphase. In Island wird Rennpass als die Königsgangart bezeichnet - gut verständlich, wenn man ihn mal gespürt hat. Ein Rennpasser ist mehr als ein Pferd - er ist ein Freund, - zuverlässig und leistungsbereit. Und er ist ein Star - manchmal mit Allüren.
Einzigartiger Charakter
Das Islandpferd ist weltweit für seinen ursprünglichen und aufgeschlossenen Charakter bekannt. Die Pferde sind freundlich, wagemutig, klug und lernwillig. Sie sind in der Regel sehr leicht zu händeln, kooperativ sowohl am Boden als auch beim Reiten, aber auch kraftvoll und mit einem großartigen Arbeitswillen.
HARTE LEBENSBEDINGUNGEN
Die tausendjährige Reinzucht und die harten Lebensbedingungen auf Island haben ein Pferd hervorgebracht, das auch vom Charakter her ganz besonders ist. In Island lebten die Pferde halbwild in großen Herdenverbänden. So entwickelten sich selbstbewusste Tiere mit intaktem Sozialverhalten, die von Geburt an auch mit schwierigstem Gelände fertigwerden mussten - beste Grundlagen für ein Reitpferd, das der harten Arbeit beim Schafabtrieb im Hochland oder bei gefährlichen Transporten zu abgelegenen Höfen gewachsen sein musste.
Ein unsersetzbarer Partner
Die Notwendigkeit, sich im Notfall blind auf sein Pferd verlassen zu können, ihm eventuell sein Leben anvertrauen zu müssen, wenn schwere Witterungsumschwünge Furten fast unpassierbar machten, führte zur Zucht von Pferden, die bei größter Zuverlässigkeit und bestem Charakter auch schnelle Auffassungsgabe, Stärke und einen unabhängigen Geist bewahrten - wirkliche Partner eben.
Ein Freund fürs Leben
Oft kann ein und dasselbe Pferd für Wettkämpfe auf höchstem Niveau eingesetzt werden, aber auch, um das jüngste Familienmitglied auf einem Ausritt sicher zu tragen. Diese Eigenschaften legten, neben der Fähigkeit zu tölten, den Grundstein für die heutige Beliebtheit des Islandpferdes in Deutschland: Vom sicheren und nervenstarken, bequem zu reitenden Freizeitpferd bis zum temperamentvollen, leistungsstarken Sportpartner spannt sich der Bogen. Die Pferde scheinen sich an jede Aufgabe anzupassen und wissen, wann es Zeit ist, volle Leistung zu bringen oder sich zu entspannen. Sie sind ein unkompliziertes Reitpferd, wenn ein Jungpferd oder ein unsicherer Reiter hinzukommt. Diese Vielseitigkeit wird von Islandpferdeliebhabern sehr geschätzt und ist eines der wichtigsten Zuchtziele. Gegenseitiger Respekt und ein fairer Umgang werden vom Islandpferd mit lebenslanger Treue und Freundschaft belohnt.
FREIZEITREITEREI
Im Freizeitbereich, der den weitaus größten Teil einnimmt, werden die Pferde hauptsächlich im Gelände geritten, allein oder in der Gruppe. Wanderritte über mehrere Tage in landschaftlich reizvollen Regionen sind sehr beliebt, ebenso der gemütliche Ausritt am Wochenende.
Herdenhaltung und freie Bewegung machen Islandpferde auch nach Stehpausen zu freundlichen Reitpartnern, die ihren Besitzer nicht bei Ansicht der ersten Mülltonne in Angst und Schrecken versetzen.
Da Islandpferde durchaus für erwachsene Reiter geeignet sind, aber aufgrund ihres guten Charakters ebenso ideale Kinderpferde sind, reitet oft die ganze Familie, ein Hobby, das Naturverbundenheit und Spaß am Reiten fördert und mit Sicherheit immer für Gesprächsstoff sorgt. Auch wenn Sie sich "erst" mit 60 den Kindheitstraum vom Pferd erfüllen können oder Ihre Enkel unbedingt mit Oma oder Opa reiten möchten, sind Islandpferde ideale Partner. Ebenso, wenn Sie aufgrund von Rückenproblemen Reitverbot erhalten: Der Tölt belastet die Wirbelsäule kaum, und die meisten Ärzte, die mit der Materie töltender Pferde vertraut sind, "genehmigen" Ihnen im Zweifelsfall ein Islandpferd.
TURNIERSPORT
Wenn auch meistens als Freizeitpferde eingesetzt, beweisen die Islandpferde ihre große Leistungsbereitschaft und Ausstrahlung im Sportbereich auf Turnieren.
In spezifischen Prüfungen - es wird nach einer eigenen Prüfungsordnung geritten - zeigen die Pferde und Reiter ihre Fähigkeiten in den rassetypischen Gangarten, z.B. in Form von Töltprüfungen oder in Passrennen, oder auch in den sogenannten Mehrgangprüfungen, in denen neben Tölt und Pass auch die Grundgangarten beurteilt werden.
Geritten wird in verschiedenen Alters- und Leistungsklassen. Der Wettkampf findet auf Ovalbahnen - mindestens 250 Meter langen, ovalen Rundkursen - statt, die einen festen Untergrund haben. Besonders spannend sind die Passrennen auf gerader Strecke über Distanzen von 100 bis 250 Metern. Ambitionierte Allrounder können ihre Fähigkeiten zusätzlich in Gehorsamsprüfungen oder Geländeritten beweisen, Kinder und Jugendliche in Fahnenrennen und Reiterspielen.
Jährlicher Höhepunkt im Sportgeschehen sind die Deutschen Islandpferde Jugendmeisterschaften (DJIM) und die Deutsche Islandpferdemeisterschaft (DIM), sowie alle zwei Jahre die Weltmeisterschaften, denen Qualifikationsturniere vorausgehen. Im Jahr zwischen den Weltmeisterschaften findet jeweils die Mitteleuropäische Meisterschaft (MEM) statt.
BEWAHREN UND VERBESSERN
Mittlerweile leben in Deutschland ca. 50.000 Islandpferde. 1999 gab es 728 eingetragene Hengste und 5.541 eingetragene Zuchtstuten; die Zuchtverbände registrierten 2.306 Fohlen. Als "Islandpferd" anerkannt werden nur reingezogene Tiere, deren sämtliche Vorfahren lückenlos auf in Island geborene Vorfahren zurückverfolgt werden können. Fehlt dieser Nachweis oder sind fremde Rassen eingekreuzt, werden weder diese Pferde noch ihre Nachkommen jemals als Islandpferde eingetragen. Auf Zucht- und Sportprüfungen werden nur reingezogene Tiere zugelassen.
Zuchtziel ist der Erhalt der rassetypischen Eigenschaften des Islandpferdes in Exterieur, Charakter und Gangverteilung. In enger Zusammenarbeit mit Island wurde ein internationaler Zuchtstandard erarbeitet, anhand dessen die Pferde auf islandpferdespezifischen gerittenen Zuchtprüfungen (nach "FIZO") beurteilt werden. Größter Wert wird hierbei auf Rittigkeit, Gangverteilung - insbesondere Tölt und Rennpass - sowie Temperament und guten Charakter gelegt. Eine Gruppe von internationalen Materialrichtern beurteilt den Körperbau des Pferdes vom Boden aus und vergibt Noten für die verschiedenen Merkmale. Anschließend sehen sie sich das Pferd auf einer Passbahn an, um die Gänge und Rittgikeit zu beurteilen. Diese Beurteilungen werden in WorldFengur registriert.
Der Anteil von Exterieur und Reiteigenschaften an der Gesamtbewertung (%).
Exterieur:
Gewichtung:
Reiteigenschaften:
Gewichtung:
Kopf
2
Tölt
16
Hals-Widerrist-Schulter
8
Trab
9
Rückenlinie-Kruppe
5.5
Pass
10
Proportionen
7
Langsamer Galopp
4
Gliedmaßen
4
Galopp
3
Stellung der Gliedmaßen
2
Rittigkeit
7
Hufe
5
Form unter dem Reiter
10
Mähne-Schweif
1.5
Schritt
6
Summe:
35
Summe:
65
Neben den gerittenen Materailbeurteilungen (FIZO) gibt es in Deutschland zusätzlich Materalprüfungen für Fohlen und Jungpferde. Außerdem finden alle zwei Jahre Zuchtschauen bei den Weltmeisterschaften statt. Islandpferde messen sich nicht nur im Sport, sondern auch in der besten Zucht.
KLEIN, ABER KEIN PONY
Die Größe von Islandpferden kann erheblich variieren, von knapp 130 cm am höchsten Punkt des Widerristes bis zu über 150 cm. Die Durchschnittsgröße der in der Zuchtbewertung gezeigten Pferde liegt heute bei 142 cm Widerristhöhe und ist damit deutlich größer als noch vor 30 Jahren. Der Grund dafür, dass die Pferde größer werden, ist zum Teil auf besseres Futter, aber auch auf eine gezielte Zucht zurückzuführen.
EIN ECHTER ISLÄNDISCHER GÆÐINGUR
Offizielles Zuchtziel der Islandpferde ist es, ein gesundes, fruchtbares und langlebiges Reitpferd zu züchten, ein robustes und dennoch elegantes und vielseitiges Pferd mit fünf hervorragenden Gangarten. Der Körperbau sollte ein optimales natürliches Gleichgewicht bieten, und die Bewegungen sollten in allen Gangarten geschmeidig, hoch und raumgreifend sein und ein elegantes und kraftvolles Bild vermitteln.
Ziel ist es, ein qualitativ hochwertiges Gangpferd zu züchten, das die natürliche Fähigkeit besitzt, den Reiter im Gleichgewicht zu tragen und sich selbst zu tragen, ein Pferd, das beweglich, trittsicher und ausdauernd ist - ein echter isländischer Gæðingur. Das Hauptziel in Bezug auf das Gangvermögen ist, dass die Gänge einen korrekten Takt und eine korrekte Körperfunktion haben, das Pferd bewegt sich frei und in einem gleichmäßigen Rhythmus. Die Gänge sollen außerdem Geschmeidigkeit, Leichtigkeit, Raumgriff und Tempofähigkeit aufweisen. Lesen Sie hier mehr über die Gangarten.
AUFZUCHT
Geboren werden die Fohlen ohne Hilfe auf der Weide, und nur selten hat der Züchter die Gelegenheit, eine Geburt zu beobachten. Meist stehen die Fohlen schon trocken und zufrieden bei der Stute, wenn der Züchter seinen morgendlichen Kontrollgang macht. Während des Sommers laufen die Fohlen ohne Zufütterung mit den Stuten, erst nach dem Absetzen wird Fohlenstarter o.ä. gegeben.
Die Jungpferde wachsen in ihren Herden mit möglichst geringem menschlichen Kontakt auf und entwickeln so ein gesundes, natürliches Sozialverhalten. Die Erziehung sollte sich auf Halfterführigkeit und einen Grundgehorsam zur Hufkorrektur oder notwendigen medizinischen Versorgung beschränken. Bis zum Alter von vier Jahren bleiben die Pferde in den Herdenverbänden, um dann angeritten oder zur Zucht eingesetzt zu werden.
Robust und in der Herde
Islandpferde wurden seit alters her - mit Ausnahme der Reit- und Arbeitspferde - halbwild in Herden gehalten. Im Herbst wurden sie ins Tiefland getrieben, wo sie markiert und dann bei den Höfen überwintert wurden.
Bis in die jüngere Zeit war eine Zufütterung nur selten üblich, so daß sich die Pferde auch bei schlechtestem Wetter ihr Futter auf den großen Weiden selbst suchen mußten. Es ist noch nicht lange her, daß Heu oder eventuell Kraftfutter an die Herden verfüttert wird. An diese Art der Haltung ist der Isländer angepaßt: Ein Pferd mit ausgeprägtem natürlichem Sozialverhalten, leichtfutterig und durch seine Konstitution hervorragend extremer Witterung angepaßt.
Viele der positiven Eigenschaften des Islandpferdes, besonders im Umgang und Charakter, beruhen auf dieser jahrhundertealten Haltungsart. Sollen diese Eigenschaften - hierzu gehören auch die hohe Fruchtbarkeit und die Fähigkeit, Fohlen problemlos zur Welt zur bringen - erhalten werden, sollten die Pferde auch weiterhin in Herden und robust gehalten werden. Dies ist eines der wichtigsten Ziele zur Bewahrung der typischen Eigenschaften.
Sicherlich wird Deutschland niemals die isländischen Lebensbedingungen für die Pferde bieten können, jedoch sollte die artgerechte Haltung von Isländern höchste Priorität haben, und folgende Punkte sollten dabei unbedingt verwirklicht werden:
Islandpferde sollen im Herdenverband leben und aufwachsen. Der soziale Kontakt fördert die positiven Charaktereigenschaften.
Islandpferde sollen zumindest im Sommer auf großen Wiesen mit Wetterschutz gehalten werden. Bei Reitpferden muß im Zweifelsfall der Weidegang begrenzt werden.
Im Winter bietet man für gerittene Pferde einen großen Offenstall mit einem befestigten Paddock oder Auslauf an. Für Reitpferde im Training ist für eine begrenzte Zeit auch die Haltung in einer Offenbox mit konstantem Auslauf ausreichend oder Offenstallhaltung, sie sollten jedoch auch Pferdegesellschaft haben.
Fohlen und Jungpferde dürfen niemals einzeln aufgezogen werden. Falls man selbst keine Möglichkeiten hat, bieten viele Betriebe Aufzucht in größeren Populationen an. Jungpferde in der
Aufzucht benötigen bei entsprechend großen Weiden mit Wald und
Heckenbestand keinen Stall.
Die reine Boxenhaltung ist als nicht artgerecht abzulehnen. Nur im Krankheitsfall oder für die Zeit eines Beritts kann sie in Erwägung gezogen werden.
Wie alle anderen Pferde sind Isländer 4-6 mal im Jahr zu entwurmen, Impfungen gegen Tetanus, Tollwut, Pferdegrippe und Husten sind üblich.
Wie alle anderen Pferde sind Islandpferde regelmäßig zu entwurmen, Impfungen gegen Tetanus, Tollwut, Pferdegrippe und Husten sind üblich. Für die Teilnahme am Turniersport sind einige Impfungen obligatorisch.
Nichtsdestoweniger verlangt die Robusthaltung eine sehr sorgfältige Haltungshygiene und Kontrolle des Bestandes.