Wir hatten die Möglichkeit einen Moment auf der WM mit dem WM-Teilnehmer Bernhard Podlech zu sprechen. Am Dienstag bot er uns abermals mit Keila vom Maischeiderland, eine 8jährige Stute aus der Zucht von Margit und Carl-Heinz Rettig, einen wunderschön harmonischen Ritt in der Vorrunde des Viergangs. Die harte Arbeit hat sich gelohnt! Die beiden wurden mit der Eintrittskarte fürs A-Finale, punktgleich mit Teamkollegin Lisa Drath auf Kjalar frá Strandarhjáleigu, belohnt.
Wir haben einen Einblick hinter die Kulissen bekommen und haben ihm Fragen zu seiner „Ausnahmestute“ Keila, der Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft und seiner Zeit auf der WM in Berlin gestellt.
Victoria: „Eine sehr stressige Zeit liegt hinter dir, zusammen mit Rebecca und Hannah und einem kleinen Teil des alten Team bist du nun nach Meidelstetten auf eure neue Hofstelle, unter neuem Namen Islandpferdegestüt Hohenstein, gezogen.
Darauf folgte die DIM und dann die Vorbereitung auf die WM - wie hast du es geschafft dich und deine Keila unter diesen Umständen so gut vorzubereiten? In der V1 Vorentscheidung hast du ein großartiges Ergebnis von 7,40 erreicht und wir sehen dich damit im A-Finale am Sonntag um 12:15 - 13:45 wieder. Wir alle fragen uns: wie hast du das geschafft?“
Bernhard: [Lacht] „Das frage ich mich auch manchmal. Nein ich würde sagen, dass wir sehr gute Vorarbeit geleistet haben und ich habe mir am Anfang des Jahres das Ziel gesetzt, ich will auf die WM. Es hängt aber natürlich von ganz vielen Faktoren ab, die man nicht beeinflussen kann. Deshalb haben Rebecca und ich uns den Plan gemacht zu welchen Turnieren wir fahren wollen und wo dabei unsere Notenziele liegen. Die eigene Leistung kann man beeinflussen aber nicht, ob ein Konkurrent besser ist oder, ob man mitgenommen wird. Man muss also immer so gut wie möglich sein. Dann haben wir uns also Notenziele mit dem Höhepunkt auf der DIM gesteckt, natürlich mit dem Ziel auf die WM zu fahren. Hierbei ist unser System so gut aufgegangen wie noch nie. Wir haben uns stetig steigern können, wobei wir in Moarbaer deutlich über unserer angestrebten Leistung gewesen sind. Wichtig ist, dass man nicht gleich am Anfang der Saison richtig gut ist danach wieder abfällt. Daher denke ich das Wichtigste war dieses Jahr die Vorbereitung.
Ich habe noch nie so viel Zeit und Training in ein Pferd investiert wie bei Keila und es war von Anfang an klar, dass sie ein sehr gutes Pferd wird, es hat jedoch auch sehr viel Zeit und Kraft gebraucht bis sie soweit war. Meine Mitarbeiterin Katja Kleer ist sie die ersten drei Monate eingeritten und danach bin ich sie weiter geritten und das Schöne ist, dass die Besitzer Margit und Carl-Heinz Rettig mich sehr unterstützen und mir sehr viel freie Hand für Entscheidungen und für die Arbeit mit den Pferden lassen. Keila hatte als 4jährige Stute ein Fohlen und daher wurde sie erst 5jährig geritten.
Ein ganz großer Punkt, warum wir das geschafft haben, sind allerdings auch die vielen Menschen, die uns schon immer und letztlich auch beim Umzug unterstützt haben. Meine Familie, meine Mutter meine Brüder und unser ganzes Team und alle Freunde stehen hinter uns. Wir sind mit 20 Leuten umgezogen, mit fünf Pferdeanhängern, einem LKW und wir haben das nur geschafft, weil wir so viel Rückhalt und Unterstützung bekommen haben. Das ist auch ein wesentlicher Punkt warum wir das geschafft haben, warum wir hier sind!“
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Victoria: „Du sagst die DIM war als Höhepunkt der Saison geplant, ist eine Steigerung zur WM überhaupt möglich?“
Bernhard: „Ja, das ist möglich. Gut war der längere Zeitraum zwischen der DIM und der WM, vom Qualifikationsturnier Eichenhof bis zur DIM war es wesentlich knapper. Eine ausreichende Erholungszeit für das Pferd finde ich sehr wichtig, damit die Pferde mental bereit sind Leistung zu erbringen. Wir hatten also im Vorfeld genug Zeit und da wir momentan noch keine Bahn haben bin ich mit Keila ausschließlich in der Halle und im Gelände gewesen. Nach der DIM war sie also hier in Berlin das erste Mal wieder auf der Bahn. Ich bin mit ihr ganz viel mit dem Fahrrad gefahren und habe sie eine Woche ausschließlich als Führpferd mitgenommen. Dann habe ich wieder angefangen sie zu reiten und gymnastizierend zu arbeiten, sie locker zu machen und ausreiten zu gehen. Ich war viel mit einem zweiten Pferd ausreiten, Spaß haben stand im Vordergrund.
Ich stelle sie nun im zweiten Jahr auf Turnieren vor und seit dem letzten Jahr hat sie wirklich Routine bekommen durch dieses regelmäßige Turniere reiten, daher kennt sie den Ablauf der Prüfung, das brauche ich also nicht mehr viel üben. Ich muss ihr natürlich vorher nochmal sagen: jetzt ist Turniersituation, jetzt muss es auf dem Punkt sein. Aber ich muss es nicht jeden Tag üben. Sie ist auch ein Pferd, das weiß wann es „um was geht“ – auf dem Turnier hat sie eine ganz andere Grundenergie, eine andere Spannung und ist sehr leistungsbereit.“
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Victoria: „Wie sieht dein Training hier in Berlin auf dem WM Gelände aus? Gibt es Unterschiede zum Training zu Hause - mal abgesehen davon, dass du zuletzt keine Bahn zur Verfügung hattest?“
Bernhard: „Das Training ist insofern anders, dass man ein bis zwei Tage vorher Teile der Prüfung auf der WM-Bahn reitet. Ich reite selten die gesamte Prüfung durch, weil das einfach sehr viel Kraft kostet und ich versuche natürlich so viel Kraft wie möglich zu sparen. Aber so Prüfungsaufgaben wie Tempounterschiede, pünktliches Zurücknehmen, gutes Verstärken, solche Dinge sind mir wichtig für den Töltpreis. Im Viergang über ich, dass die Übergänge gut klappen. Ansonsten ist das Training schon gleich, außer dass wir hier natürlich die Wege zum Ausreiten weniger kennen.“
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Victoria: „Hast du einen eigenen Grundsatz für dein Training, den du uns verraten würdest?“
Bernhard: „Ein Grundsatz ist, dass die Gesundheit vom Pferd für mich im Vordergrund steht. Natürlich muss man im Leistungssport auch lernen wo die Grenzen seines Pferdes sind aber mein Ziel ist diese Grenzen nicht zu überschreiten und sicherzustellen, dass das Pferd keinen dauerhaften Schaden von der Belastung trägt.
Ein zweiter Grundsatz: das Wichtigste für mich ist, dass das Reiten Spaß machen soll. Dazu gehört das Gefühl, mein Pferd hat Freude daran mit mir zu arbeiten. Wenn ich das Gefühl habe, es macht keinen Spaß, bin ich gleichzeitig schlechter weil ich das Pferd nicht zu etwas zwingen möchte. Da habe ich keine Freude dran. Das ist für mich also das Wichtigste und dafür benötigt man Zeit. Keila ist ein so talentiertes Pferd, in der Kürze der Zeit ist es normalerweise ganz selten möglich solche Leistungen zu erbringen – so etwas ist nur möglich weil dieses Pferd so viel von sich aus gibt und so talentiert ist. Wenn man über die Kraft des Pferdes hinaus trainiert wird jedes Pferd in kürzester Zeit keinen Spaß mehr haben.“
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Victoria: „Damit beantwortest du eigentlich schon meine nächste Frage, die Leistungsbereitschaft ist sicherlich eine der Eigenschaften deines Pferdes, die du am meisten zu schätzen weißt. Gibt es noch weitere Eigenschaften die du an Keila besonders liebst?“
Bernhard: „Sicherlich ist eine der Haupteigenschaften ihr Wesen und ihre Leistungsbereitschaft, ich kann sagen sie ist mein absolutes Traumpferd!
Ich habe das Glück im Leben, ich bin vor 12 Jahren in Holland als junger Reiter die Fenna geritten. Das war auch ein ganz außergewöhnliches Pferd. Solche „Traumpferde“ begegnen einem nicht ganz so oft im Leben und ich freue mich wahnsinnig, dass ich Keila reiten darf und bin sehr dankbar dafür.
Eine weitere Qualität ist natürlich auch ihr Tölt, für mich hat Keila das größte Töltvermögen welches ich je gespürt habe. Ich glaube sie hat alle Möglichkeiten, für mich stellen sich nur die Fragen: hat sie schon die Kraft dafür ihr ganzes Potenzial zu entfalten? Ist die Motivation und die Freude daran groß genug? Gelingt es mir diese weiterhin so zu behalten oder gar zu steigern, dass sie ihr komplettes Potenzial ausschöpfen kann? Da sind wir natürlich schon sehr weit aber mein Gefühl sagt mir sie ist unbegrenzt in ihrer Töltveranlagung, das ist ein fantastisches Gefühl.“
Victoria: „Vielen Dank Bernhard, für deine Zeit heute, diesen Einblick in dein Training und die unfassbar schönen Ritte die wir mit dir und Keila, hier auf der WM in Berlin und in noch Zukunft erleben dürfen! Es macht immer wieder Freude diesem einzigartigen Team zuzusehen!“
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Wir wünschen Bernhard und dem gesamten Team in der neuen Heimat viel Erfolg und Freude für die Zukunft. Auf dem Islandpferdegestüt Hohenstein wird es weiterhin Pferdepension, Deckhengst-Service, Ausbildung von Reiter und Pferd, Pferdeverkauf aus der eigenen Zucht, Beritt, Lehrgänge und Unterricht mit eigenem Pferd sowie Ferien-/Blockhäuser für Gäste geben. Wer vom neuen Gestüt einen Eindruck bekommen möchte – zum Fohlentag am 15.09.2019 wird es eine Eröffnungsfeier geben.