Reitvereine, die einen eigenen Pensionspferdestall betreiben und so Einnahmen generieren, sind im Islandpferdebereich eher selten. Für diese "Exoten" gibt es heute gute Nachrichten: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass Reitvereine unter bestimmten Bedingungen keine Umsatzsteuer auf diese Einnahmen zahlen müssen.
Grundlage hierfür ist ein Präzedenzfall, der jetzt zugunsten des klagenden Reitvereins Reutlingen e.V. entschieden und abgeschlossen wurde.
„Alle Reitvereine, für deren Mitglieder eine Ausübung des Sports auf dem gleichen Niveau ohne die Möglichkeit der Pferdeeinstellung nicht möglich wäre, haben nun die Chance, unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhof (BFH) vom 16.10.2013 ebenfalls bei ihrem Finanzamt eine Umsatzsteuerbefreiung von Pferdepensionsumsätzen zu erreichen. Wichtig ist, dass gegen Umsatzsteuerbescheide, die die Grundlagen der BFH-Entscheidung missachten, rechtzeitig Einspruch eingelegt wird“, heißt es in der Erklärung der Anwaltskanzlei Dr. Braitinger [&] Grupp, die vom RV Reutlingen und der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) mit dem Fall beauftragt war.[nbsp]
„Diese Entscheidung kann für große finanzielle Entlastung in unseren Vereinen sorgen. Das zu erreichen, war unser Ziel. Deshalb haben wir den RV Reutlingen auch in diesem Rechtstreit von grundlegender Wirkung unterstützt“, sagte Rainer Reisloh, Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der FN.
Der RV Reutlingen hatte mit der Finanzverwaltung für die grundsätzlich mögliche Umsatzsteuerbefreiung auf Pferdepensionsumsätze gekämpft. Dabei berief sich der Verein auf die europäische Richtlinie 77/338 Art. 13 Teil A Abs. 1 (zwischenzeitlich: Art. 132 Abs. 1 mMwStSySt). Der Fall ging bis vor den BFH, der mit seinem Urteil vom 16.10.2013 (AZ XI R34/11) das für den Reitverein negative Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 30.06.2011 (AZ 12 K 4547/08) aufhob und das Urteil an das FG Stuttgart (AZ 12 K 536/14) zurückwies.
Der BFH sparte nicht mit Kritik an den Entscheidungsgründen des Finanzgerichts. In seiner Entscheidung definierte der BFH auch die rechtlichen Grundlagen, die zu einer möglichen Umsatzsteuerbefreiung von Pferdepensionsumsätzen gemeinnütziger Vereine führen können.
Der BFH stellte fest:
Vor diesem Hintergrund wies der BFH den Rechtsstreit zurück an das Finanzgericht zur Aufklärung, ob ohne die streitbefangene Dienstleistung (Pferdeeinstellung) eine Gleichwertigkeit der Sportausübung auf dem gleichen Niveau mit der gleichen Qualität möglich sei. Nach den Vorgaben des BFH sei von einer Unerlässlichkeit im Sinne der Richtlinie bereits dann auszugehen, wenn die Mitglieder des Vereins wegen der höherwertigen Qualität der Pensionspferde zur Sportausübung und Turnierteilnahme nicht auf die ohnehin nur in geringer Zahl vorhandenen vereinseigenen Pferde verwiesen werden könnten.
Danach wurde die Sache vor dem Berichterstatter - dem für die Bearbeitung des Falles zuständigen Richter - erörtert. Dieser regte beim Finanzamt wegen der überwiegenden Erfolgsaussichten der Klage an, dem Einspruch gegen den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid stattzugeben, so dass der Rechtsstreit ohne ein weiteres Urteil in der Sache erledigt würde. Dieser Anregung ist das Finanzamt Reutlingen nun nachgekommen, hat dem Einspruch stattgegeben und einen geänderten Steuerbescheid herausgegeben.