Als Markus Scharmann auf dem Ausbildertreffen im Januar 2014 einen kurzen Einblick in die heutige Trainings-und Leistungsdokumentation der Spitzenkader in der Deutschen Reiterliche Vereinigung (FN) gab, waren wir Ausbilder sofort sehr interessiert, dieses Thema auf unserer nächsten Fortbildung zu vertiefen und dann für das Training im Islandpferdesport zu nutzen. So planten wir eine Fortbildung mit Markus Scharmann für den folgenden Winter. Elisabeth Berger stellte wie schon so oft, ihre aufs Beste geeignete Anlage zur Verfügung und wir trafen uns am 12. und 13. Januar mit Markus Scharmann in Berlar.
Markus Scharmann ist Pferdewirtschaftsmeister Reiten und Diplomtrainer Reiten. Bei der FN ist er zuständig für Berufsausbildung und Wissenschaft und der Ansprechpartner für die Berufsreiter. Eins seiner Arbeitsgebiete ist die Entwicklung modernen Trainings- und Leistungsmonitorings im Pferdesport. Außerdem betreibt er einen Trainings- und Ausbildungsstall und ist selbst aktiver Turnierreiter in den hohen Klassen.[nbsp]
Unser Seminar begann er mit einer theoretischen Einführung in die moderne Trainingslehre. Als Absolvent der Trainerakademie Köln[nbsp] verfügt er über ein großes und vor allem auch sportartübergreifendes Wissen. Vieles war zwar schon bekannt, aber es gab auch viele neue Einblicke und vor allem die Möglichkeit, Bekanntes neu zu verknüpfen. Über trainingsphysiologische und trainingspsychologische Themen kamen wir bald zu praktischen Überlegungen wie der Erarbeitung eines Stärken- und Schwächenprofils für das Pferd oder für eine Pferd/Reiterkombination und zur Definition eigener Saisonziele.[nbsp]
Tolle Arbeitsatmosphäre auch in der Praxis
Dann ging es in die reiterliche Praxis. Diejenigen, die ihre Pferde mit nach Berlar gebracht hatten, ritten sie zunächst in Form einer Bestandsaufnahme vor. Markus Scharmann hatte an dieser Stelle zum ersten Mal mit dem Islandpferd im praktischen Reiten zu tun. Wir waren erstaunt, wie schnell er sich auf unsere Pferde einstellen konnte und zu klugen Analysen kam. Besonders die Ernsthaftigkeit, mit der er an die Aufgabe heranging, wie auch sein hohes Engagement in der Sache, gefiel uns allen wirklich sehr. Haben wir doch in der Vergangenheit Seminarleiter auch anders erlebt. Überhaupt muss man besonders herausstellen, dass diese Fortbildung von einer großen Offenheit bei gleichzeitigem Respekt vor dem anderen getragen war. In solch einer Atmosphäre lässt sich dann trefflich arbeiten.[nbsp]
Abends arbeiteten wir gemeinsam an den Formularen der Trainingspläne und Trainingsprotokolle und passten sie an die Bedürfnisse des Islandpferdesports an. Es blieb auch Zeit für einen gemütlichen Teil mit persönlichem Gedankenaustausch.
SMART: Spezifisch,[nbsp]Messbar,[nbsp]Attraktiv,[nbsp]Realistisch, Terminiert
Am Dienstagvormittag starteten wir mit der individuellen Saisonplanung. Dazu gehörte die Definition von Zwischenzielen und für jeden Reiter die individuelle Planung der nächsten beiden Wochen. Die Zwischenziele wie die Saisonziele[nbsp] müssen einigen Vorgaben entsprechen, damit die Sache zum Erfolg führen kann. SMART ist da das schon aus dem mentalen Training bekannte[nbsp] Zauberwort :[nbsp] Die Buchstaben stehen für Spezifisch, Messbar, Attraktiv/Akzeptiert, Realistisch und Terminiert. Eine sehr logische Zusammenstellung und eben deutlich mehr als die wenig exakte Formulierung, „ich will besser in der Töltprüfung sein“.[nbsp] Ein solches SMART Ziel könnte beispielsweise lauten: Ich möchte mit meinem Pferd in der T 1 (spezifisch) 7,0 Punkte (messbar) erreichen, sicher ein attraktives Ziel. Ob das für mich und mein Pferd realistisch ist, muss ich einschätzen oder meinen Trainer dazu befragen. Dieses Ergebnis will ich auf dem Pfingstturnier 2015 (terminert) erreichen.[nbsp] Da kann man sich ohne praktische Überprüfung schon vorstellen, dass solch ein SMART Ziel mehr Chance auf Erfolg hat als eine nur vage Formulierung.
Die Trainingspläne werden jetzt im DOKR (Deutsches Olympiade-Komitee für Reiterei) zusammen mit den Trainingsprotokollen, die in den nächsten Wochen von jedem selbst nach Warendorf geschickt werden, ausgewertet und die Ergebnisse jedem Reiter zur Verfügung gestellt. Das ist zwar für jeden auch ein nicht unerheblicher Aufwand, so wurde bei der einen oder dem anderen der Wunsch nach einer Sekretärin laut, aber auf die Ergebnisse sind wir wirklich gespannt.[nbsp]
„Vom Pferd nicht fordern, sondern ermöglichen“
Auf die individuelle Trainingsplanung folgte eine zweite praktische Einheit im Reiten. Basierend auf der Bestandsaufnahme des ersten Tages ging Markus Scharmann daran, Verbesserungen im Detail zu erreichen. Sehr interessant war es zu sehen, wie jemand von außen, der aus derselben Reitlehre kommt, manches doch eben anders sieht. Besonders unsere Idee vom manchmal vielleicht etwas zackig isländischen Vorwärts wurde von ihm eher kritisch gesehen und die Reiter immer wieder zu mehr Ruhe aufgefordert. Ein Satz wie: „Vom Pferd nicht fordern, sondern ermöglichen“ (das meint ermöglichen in körperlicher und mentaler Sicht) regt zum Nachdenken an. Dabei darf man sich das Ganze nicht etwa langweilig und weichgespült vorstellen, sondern schon sehr deutlich leistungsorientiert. Bei jedem Pferd konnte eine positive Veränderung festgestellt werden. Spannend wird es, längerfristige Veränderungen zu beobachten und in ihrer Wirkung zu analysieren. Nachdem wir erfahren hatten, dass Markus Scharmann noch nie ein töltendes Pferd geritten hatte, stellte Rosl Rößner ihren ausgesprochen schicken Hengst mit sehr viel, sehr leichtrittigem und besonders qualitätvollem Tölt zur Verfügung. Pferd und Reiter fanden schnell zueinander und Markus Scharmann sah aus, als täte er nie etwas anderes, als im Tölt durch die Gegend zu reiten, Kompliment an beide und Dank an Rosl. So verging auch der zweite Tag wie im Fluge.[nbsp]
Abschließend geht unser Dank an Markus Scharmann für dieses wirklich informative und attraktive Seminar und an Elisabeth Berger und Angela Hütter wie das ganze Berlar Team für die gewohnt freundliche Aufnahme und Unterstützung. Wir freuen uns schon sehr auf den zweiten Teil Ende Februar.
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Andrea-Katharina Rostock
Fotos: J. Füchtenschnieder / A.-K. Rostock[nbsp]