Videoaufzeichnungen sind eigentlich schon seit langem normaler Bestandteil der Islandpferdeszene: Auf der Suche nach dem Traumpferd schauen sich viele Reiter auch Videos mit Pferden aus Island an. Züchter verschaffen sich auf WorldFengur per Video einen Eindruck von den potenziellen Vätern ihrer nächsten Fohlen. Und Turnierrichter bereiten ihre Fortbildungen per Video-Rittbewertung vor.
Als COVID-19 im Frühjahr den Veranstaltungskalender für die Saison 2020 mehr als gründlich durcheinander brachte, tauchte die Idee des per Video ausgetragenen Turniers fast zeitgleich in mehreren Ländern auf: In Schweden lud man zum Corona Cup ein, in Dänemark zum Coronakeppni, und in Deutschland war es die Internetplattform isibless, die die Reiter zum CyberTölt bat. Alle Veranstaltungen zeigten, dass Turniere mehr sind als nur Wettkämpfe im Sattel: Gemeinsames Erleben und die geteilte Begeisterung fürs Pferd verbinden Aktive ebenso wie Zuschauer miteinander — wirklich klar wurde das so manchem aber erst, als die „richtigen“ Turniere reihenweise abgesagt wurden.
Der Sportausschuss des IPZV hat sich bei seinen Bemühungen, die Turniersaison 2020 vor dem Totalausfall zu retten, von Anfang an auf zwei Bereiche konzentriert: Zum einen die Anpassung klassischer Turnierabläufe an die Herausforderungen von Corona, zum anderen die Prüfung der Möglichkeit, auch virtuelle Turniere als Grundlage für Qualifikationen und LK-Fortschritte anzuerkennen.
Videoturniere als Weg zur DIM und DJIM 2020
Basierend auf den schon durchgeführten virtuellen Wettbewerbe der letzten Wochen hat der Sportausschuss am 18. Mai ein Konzept für Videoturniere im Rahmen des IPZV-Regelwerks beschlossen. Dies soll für alle Reiterinnen und Reiter die Möglichkeit zur DIM- bzw. DJIM-Qualifikation gewährleisten und gleichzeitig eine im Sinne des Infektionsschutzes sichere (weil kontaktarme) Teilnahme an sportlichen Vergleichen ermöglichen. Angeboten und organisiert werden die virtuellen Turniere direkt vom IPZV Dachverband.
Erstes Cyber-Turnier jetzt nennbar
Das erste virtuelle Turnier unter IPZV-Regie ist ab sofort nennbar, die Ausschreibung gibt es hier. Angeboten werden Ovalbahn- und Dressurprüfungen.[nbsp]Bei der zweiten Auflage, die bereits in Planung ist,[nbsp]wird voraussichtlich auch eine Geschicklichkeitsprüfung hinzukommen.
Für leichte Bahn- und Dressurprüfungen sind Reitplätze und (Natur-) Bahnen ab 20x40m zugelassen, die schweren Prüfungen T1, T2, F1, F2 und V1 erfordern eine Ovalbahn mit mind. 180 m Länge oder einen Reitplatz ab 20x60m.
Günstiger wird’s in jedem Fall
Die Teilnahme startet wie gewohnt online mit der Abgabe einer Nennung, wobei die Startgebühren bedingt durch den Wegfall von Kosten für die Pferdeunterbringung usw. deutlich günstiger als auf realen Turnieren ausfallen werden.
Außerdem gibt der Reiter beim Nennen an, wann und wo er das Video mit seinem Ritt aufnehmen wird. Diese Information wird benötigt um sicherzustellen, dass die Prüfung in einem festgelegten Zeitfenster erfolgt: Zum selbstgewählten Starttermin erhält der Reiter einen elektronischen Startcode, der zu Beginn des Prüfungsvideos genannt werden muss.
Das gesamte Video muss auf einer einzigen, ungeschnittenen Aufnahme (inklusive Originalton) bestehen und zeigt zunächst die Aufgabenteile der jeweiligen Prüfung. Bei Ovalbahnprüfungen richtet sich die Dauer entweder nach gerittenen Runden (schwere Prüfungen) oder gerittener Zeit (leichte Prüfungen).
Sämtliche Anforderungen und Abläufe hat der Verband in einem FAQ-Dokument zusammengefasst, dass den Teilnehmern zur Verfügung gestellt wird: Praxisleitfaden Cyber-Wettbewerb (PDF).
Die eingereichten Ritte werden — je nach Prüfung — anschließend von zwei, drei oder fünf IPZV-anerkannten Richtern getrennt bewertet und kommentiert. Einzelnoten und Kommentare stehen den Reitern selbstverständlich anschließend zur Verfügung.
Authentizität durch Transparenz
Erst die Herstellung von Öffentlichkeit verleiht Turnierergebnissen echte Glaubwürdigkeit: Für die virtuellen Wettkämpfe wird der IPZV deshalb nicht nur Ergebnisse online veröffentlichen, sondern auch einen Zusammenschnitt der am besten bewerteten Ritte. Parallel fließen die Ergebnisse in die LK- und Qualifikationsberechnungen ein.
Einen Sonderfall stellen die Passdisziplinen dar: Hier lässt sich mit nur einer Kamera keine belastbare Prüfung nachstellen. Trotzdem sieht das CyberTölt-Konzept auch hier eine Qualifikationsmöglichkeit vor: Die Passnoten der Fünfgangprüfung werden separat ausgewertet und zählen ebenfalls als Qualifikation für Passrennen und -prüfung.
Breiten Raum in der Diskussion nahm im Sportausschuss die Frage ein, wie sich die Einhaltung des Regelwerks am besten sicherstellen lässt. Am Ende stand dabei die Erkenntnis, dass für virtuelle genau wie für reale Turniere Regeln ebenso unerlässlich sind wie Vertrauen in die Reiter: Für die überwältigende Mehrheit sind Tierwohl und Fairplay ganz selbstverständlich. Was sich in ganz vereinzelten Fällen vor dem Einschalten der Kamera oder dem Abladen vom Hänger tun mag, lässt sich seitens des Verbandes fast nie feststellen. Es liegt also an jedem einzelnen Reiter und Zuschauer ebenso wie an Kameraleuten und Richtern, das Wohlergehen des Pferdes im Blick zu haben.
Jetzt mitmachen
Wer[nbsp]also keinen Qualitag in erreichbarer Nähe hat oder keinen Startplatz ergattern konnte, oder vielleicht einfach mal einen Ritt in der[nbsp]vertrauten Atmosphäre der gewohnten Bahn absolvieren möchte, sollte nicht zögern und jetzt für den ersten[nbsp]IPZV-Cyber-Wettbewerb nennen -- hier geht's zur Ausschreibung[nbsp]und zum Nennsystem.
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