Eigentlich ist das Reiten von Dressurlektionen nicht das, was das Islandpferd ausmacht. Wind in der Mähne, Feuer im Auge — das ist es, warum das Islandpferd begeistert. Seine Ursprünglichkeit, seine Freiheit. Das soll sich auch in seinen Bewegungen unter dem Reiter widerspiegeln. Seien wir also ehrlich: Dressurlektionen zu pauken ist nicht seine Passion. Doch dass das Erarbeiten und maßvolle Integrieren von Schulterherein und Co das Islandpferd durchaus in seiner Vielfalt und in der Bewegungsqualität fördern kann, zeigte die Trainerfortbildung auf dem Gestüt Falkenegg unter der Leitung von IPZV Ausbilderin Rosl Rößner.
Ende Januar 2025 trafen sich rund 20 IPZV lizensierte Menschen im Sauerland, um sich intensiv mit dem Thema „Dressurlektionen richtig reiten und beurteilen“ auseinander zu setzen. Unter ihnen Trainer aller Leistungsstufen, Sportrichter verschiedener Level und API-Prüfer. Es war tatsächlich ein buntes Treffen aus „alten Hasen“ und „Greenhorns“, die aus allen Teilen Deutschlands zusammen kamen — unterschiedlicher konnte der Horizont also nicht sein. Aber genau diese vielfältigen Erfahrungen und Blickwinkel machten es möglich, sich differenziert mit dem Thema auseinander zu setzen. Dank Rosls wohlwollender und offener Moderation entstand schnell ein freundschaftliches Verhältnis unter den Teilnehmern und in den Diskussionen kam man zum gewinnbringenden Austausch. Gestartet wurde jeden Morgen im gemütlichen Reiterstübchen in Lennestadt, der wärmende Kamin und genügend Süßigkeiten (Danke, Dana!) drängten das typisch graue Sauerländer Wetter schnell in den Hintergrund. Rosl hatte für den Theorieteil einen angenehmen Mix aus Text und bewegten Bildern zusammen gestellt und brachte zielsicher jeden Teilnehmer auf den gleichen Stand.
Soll heißen: Zunächst wurde von der Vorhandwendung bis zur Traversale jede Lektion in Aussehen und Hilfengebung besprochen, bevor es dann in die nahe gelegene Reithalle zur praktischen Demonstration ging. Ines Lantzsch vom Hirtenhof Illsitz im Altenburger Land hatte ihre langjährige Elevin Mathilda Böhm mitgebracht. Die junge Reiterin stellte drei Pferde vor, die in Ausbildungsstand, Gangverteilung, Charakter und Gebäude unterschiedlicher nicht sein konnten. Mathilda war in allen Lektionen so fit und flexibel, dass sie auch die Impulse aus den Reihen der Kursteilnehmer umsetzen konnte. Es war nicht nur spannend zu sehen, wie sich welche Lektion auf das jeweilige Pferd auswirkte. Sondern auch, wie die Intensität und der Zeitpunkt der verschiedenen Hilfen die Ausführung der Lektion beeinflusste. Dass auch der Standpunkt (also der Blickwinkel im wahrsten Sinne des Wortes) des Betrachters die Lektion in verschiedenen Lichtern erscheinen lässt, stellten die Teilnehmer fest, als am Ende des zweiten Tages je eine von insgesamt drei Dressurprüfungen zeitgleich von vier Gruppen gerichtet wurden.
Eindrucksvoll konnten alle Teilnehmer mit Hilfe von Rosl all’ die Wege und Irrwege der Dressur erleben. Zusammenfassendes Fazit: Um von den Lektionen profitieren zu können, kommt es in der Ausführung von Schulterherein und Co immer auf die Art und Weise der Ausführung an, sowie auf die beabsichtige Wirkung, auf das Wechselspiel zwischen Übungen des Gehorsams und dem immer wieder flüssigen Vorwärtsreiten. Ebenso ist der Zeitpunkt und die Qualität der Pausen im Zügel-aus-der-Hand-kauen lassen entscheidend. Durchweg inspiriert fuhren die Teilnehmer nach Hause und werden in Zukunft nun ganz sicher erkennen, ob es sich bei den Lektionen nur um bloße Hufschlagakrobatik handelt oder um wirklich gewinnbringende Gymnastizierung. Immer mit dem Ziel, das Islandpferd in seiner Natürlichkeit und seinem Spirit gemäß gesund erhaltend auszubilden.
PS.: Ein besonderer Dank geht an das Gestüt Falkenegg unter der Leitung von Lisa Hufnagel für das zur Verfügung stellen der guten Lernbedingungen auf ihrer und der benachbarten Anlage in Lennestadt sowie an Ines Lantzsch und Mathilda Böhm vom Hirtenhof Illsitz im Altenburger Land für ihre Mühen, die Fortbildung durch das Vorstellen ihrer drei Pferde so lebendig gemacht zu haben. Last but not least geht der Dank auch an Rosl Rößner für die professionelle und wertschätzende Leitung und Moderation der Trainerfortbildung.
Text: Steffi Rauch
Fotos: Rosl Rößner